Mit seinem Fr hwerk Die Leiden des jungen Werther macht sich Goethe nicht nur unter den chinesischen Gelehrten, sondern auch bei einer breiten Leserschaft einen Namen. Gleich die erste bersetzung des Werther wurde 1922 mit gro er Begeisterung aufgenommen. Mit ber zweihundert verschiedenen Ausgaben (auf dem Festland, in Hongkong und Taiwan) ist es auch heute noch das am meisten bersetzte Werk unter allen Romanen und Erz hlungen Goethes.
Ausgehend von einem funktionsorientierten Ansatz der bersetzungstheorie wird in dieser Studie die Rezeptionsgeschichte von chinesischen Werther- bersetzungen in den letzten hundert Jahren untersucht. Dabei wird festgestellt, dass dieses Werk immer wieder von den gesellschaftlichen Umst nden einer bestimmten Zeit beeinflusst und dass es von verschiedenen Lesern zu verschiedenen Zeiten auf sehr unterschiedliche Weise wahrgenommen bzw. bewusst an bestimmte Situationen angepasst wird. Das Werther-Bild wirkt in diesem Sinne wie ein Spiegel f r China, denn in ihm sieht man nicht nur einen sich immer wieder ver ndernden Werther, sondern auch die vielf ltigen Ver nderungen der chinesischen Gesellschaft in den letzten hundert Jahren schlechthin.