Um 1740 gelangen die in der Fr haufkl rung noch getrennten Epochenkr fte von Pietismus und Rationalismus (vgl. Bd. 5/I u. 5/II) in enge Ber hrung, und dies zuerst und dominant in der bislang zu wenig beachteten Lyrik. Als Medium des Gef hls verschwistert sich diese mit den beiden religi sen Avantgardestr mungen der Zeit und wird dadurch zu einem Organ der Empfindsamkeit: Die Poesie des Pietismus entwickelt als erste empfindsame Tendenzen (Teil I). Die meisten Dichter der Empfindsamkeit - berwiegend studierte Theologen - neigen sich jedoch der 'Neologie' zu. Diese sucht, von englischen Vorbildern ausgehend, pietistisches 'Herz' und Leibniz-/Wolffschen 'Kopf' ins Gleichgewicht zu bringen und erweist sich damit als Theologie der Empfindsamkeit, in deren Reformprogramm die Poesie (von der Hymne bis zum biblischen Epos) einen hohen Stellenwert besitzt (Teil II). Die Lyrik bernimmt bis hin zu Klopstocks rituellem Gedicht in Inhalt und Form religi se Funktionen. Dabei dient sie der Religion und emanzipiert sich doch zugleich von ihr: Einerseits wird sie in der Nachempfindung biblischer Poesie zum Sprachrohr g ttlicher Offenbarung und zum Organ neologischer Fr mmigkeit und Moral, andererseits und zugleich zum "Ausdruck wahrer Empfindung" und gewinnt somit - auch in der Sakralisierung ihres Selbstverst ndnisses und Weltbezuges - an Autonomie und modernem Gattungsprofil hinzu.